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Salz im Teig

Geschrieben von Gesundheit365. Veröffentlicht in Nahrungsmittel

Streit um Salz im Teig
EU treibt Deutschlands Bäcker auf die Barrikaden
Von Carsten Dierig 23. März 2010

Die Qualität von deutschem Brot bemerken viele dann, wenn sie aus dem Urlaub zurückkehren. Vollkornbrot, Roggenmischungen und Laugengebäck schmecken eben anders als das Sortiment der Konkurrenz im Ausland. Die EU will das ändern – und macht die deutschen Bäcker wütend.
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Foto: ZB/DPAdpa Kein europäischer Einheitsteig: Deutsche Bäcker protestieren gegen EU-Pläne
Deutschlands Bäcker gehen auf die Barrikaden: Denn die Europäische Union (EU) will künftig die Inhaltsstoffe von Brot schärfer reglementieren. „Uns droht ein europäischer Einheitsbrei und damit eine abenteuerliche Bevormundung des Bürgers“, schimpft Peter Becker, Präsident des Zentralverbands des deutschen Bäckerhandwerks. Seine Zunft befürchtet, dass die EU in Zukunft Vorschriften für den maximalen Salzgehalt im Brot machen will. Bezogen auf den Mehlanteil soll im deutschen Backwerk nicht mehr als 1,3 Prozent Salz drin sein, wünschen sich die Gesundheitspolitiker in Brüssel. Alles andere ist aus ihrer Sicht ungesund.
Die deutschen Bäcker würde ein solcher Beschluss hart treffen. Immerhin werden hierzulande beim Brotbacken traditionell 1,8 bis 2,2 Prozent Salz verwendet. Zwar könnten die hiesigen Bäckermeister ihr gehaltvolles Brot vorerst weiter produzieren, als „gesundes“ Nahrungsmittel“ dürften sie es dann aber nicht mehr bezeichnen. „Dieser Logik folgend wäre künftig pappiges Toastbrot gesünder als das vitamin- und ballaststoffreiche Vollkornbrot“, wettert Becker.
Der Verbandschef kritisiert die Pläne als diskriminierend, absurd und sogar pervers. Zumal er befürchtet, dass ein Werbeverbot erst der Anfang ist. „Die Regulierungswut der selbst ernannten Gesundheitsapostel wird weitergehen“, prognostiziert Becker. Setzen sich die Regulierer in diesem ersten Schritt durch, rechnet er schon mittelfristig mit einem Komplettverbot von Brot mit einem aus EU-Sicht zu hohen Salzgehalt. Hinter den Kulissen wird daher in Brüssel heftig gerungen. Eineinhalb Jahre tobt der Streit um den Salzgehalt im Brot nun schon. Und noch vor Jahresfrist wähnten sich die Regulierungsgegner am Ziel.
Mit den Worten „Wir planen keinen Angriff auf das Brot oder die Brezeln“ war die EU-Kommission im Vorfeld der Europa- Wahl bereits im Frühjahr 2009 zurückgerudert – offenbar aus Angst, den Wählern ein Musterbeispiel für die oft beklagte Brüsseler Regulierungswut zu liefern. Denn mittlerweile ist von Zugeständnissen keine Rede mehr. Ob sich Brüssel am Ende mit seiner Idee durchsetzt, entscheidet nun im Mai die EU-Kommission. Zwar weist ein Sprecher darauf hin, dass traditionelle Lebensmittel wie Früchte, Gemüse, Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Brot von den Plänen
ausgenommen sein sollen. Unklar ist aber weiterhin, was genau als „traditionelles Brot“ definiert wird.
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Streit um Salz im Teig: EU treibt Deutschlands Bäcker auf die Barrikaden - Nachrichten Wirtschaft - WELT ONLINE    25.03.10 19:11
ausgenommen sein sollen. Unklar ist aber weiterhin, was genau als „traditionelles Brot“ definiert wird. Deutschlands Bäcker bekommen Unterstützung vom Handelsverband Deutschland (HDE). „Die Debatte ist völlig überflüssig“, sagt Geschäftsführer Kai Falk. Auch Ernährungswissenschaftler zeigen sich überrascht. Schließlich sei Brot nicht die vorrangige Salzquelle für einen Erwachsenen. Die größten Mengen lauern ihnen zufolge in Fertiggerichten und Wurst, also unter anderem im Brotbelag. Bäckereihandwerk sieht durch die EU den Ruf des deutschen Brotes gefährdet. Hintergrund sind Nahrungsmittel- Kennzeichnungspläne der Europäischen Kommission, wie der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, Peter Becker, erläuterte. 1 von 8
Die Lieblingsbrote der DeutschenDanach dürfe Brot nur dann als „gesund“ bezeichnet werden, wenn es einen Salzgehalt von 1,3
in Deutschland werden nach Angaben des Deutschen Bäckerhandwerks 300 Sorten Brot und 1200 Sorten Kleingebäck hergestellt: Das ist Weltrekord. Die folgenden Brotsorten verspeisen die Deutschen am liebsten:
Prozent hat. In Deutschland würden aber traditionell 1,8 bis 2,2 Prozent Salz verwendet. „Ich finde es diskriminierend, wenn wir unser gesundes Brot nicht mehr als gesund bezeichnen dürfen“, sagte Becker. „Das finde ich schon pervers“, fügte er hinzu. Die EU habe sich nicht um den Salzgehalt im Brot zu kümmern. Langfristig befürchtet der Verband sogar ein gesetzliches Verbot des besonders
salzhaltigen deutschen Brotes durch die EU. Ein Kommissions-Sprecher widersprach den Befürchtungen. Zwar sei zu viel Salz in der Ernährung problematisch. Obergrenzen für einzelne Produkte gebe es aber nicht. Von der geplanten Kennzeichnungspflicht seien vor allem großindustriell hergestellte Produkte betroffen, traditionelle Lebensmittel wie Brot seien davon ausgenommen. "Der Bäcker an der Ecke wird sein Brot weiterhin als gesund bewerben können", sagte Kommissions-Sprecher Carsten Lietz der Berliner Zeitung. Insgesamt blickt das deutsche Bäckereihandwerk mit seinen mehr als 290.000 Beschäftigten in rund 15.000 Betrieben auf ein zufriedenstellendes Jahr zurück. Der Umsatz sei mit 12,9 Milliarden Euro stabil geblieben. Zudem habe sich das Brot nicht verteuert. Mit starken Preiserhöhungen für Backwaren müssen die Verbraucher auch in diesem Jahr nicht rechnen. Falls es 2010 zu Preiserhöhungen komme, dann „sehr moderat“ und lediglich regional, sagte Becker.
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